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Eine Laderampe für die Innenstadt

Bremen. Der Lloydhof ist eine Baustelle – und damit auch ein Symbol für die Probleme der Bremer Innenstadt. Doch schon bald soll hier neues Le-ben einziehen, das nicht nur dem einstigen Einkaufszentrum wieder Schwung verleiht, sondern gleich der ganzen Innenstadt. Zumindest ist das die Idee von Arne Kruse, einem Bremer Unternehmensgründer, der im Lloydhof seine neueste Geschäftsidee verwirklicht: ein innerstädti-sches Logistikzentrum, das den Versandhändlern draußen auf der grünen Wiese Paroli bieten soll.
Wer dem Manager, Ingenieur und Erfinder zuhört, spürt sofort dessen Begeisterung, auch wenn sein Konzept zunächst etwas rätselhaft er-scheinen sollte: Denn mit „City Cubes“, ,,Micro Hubs“, ,,Darkstores“ und ,,Logistik-Ecosystems“ können wohl die wenigsten auf Anhieb etwas an-fangen. Und auch die Idee, ausgerechnet in einer engen, verkehrsreichen Innenstadt ein Logistikzentrum aufzubauen, erscheint auf den ersten Blick widersinnig – gehören die riesigen Lagerhallen von Amazon und anderen Konzernen doch eigentlich nach draußen auf die grüne Wiese.

 

Kruse jedoch hat seinen eigenen Blick auf die Dinge. ,,Eigentlich ist ja die ganze Innenstadt ein Riesenlager von Waren“, erklärt der Geschäfts-mann. Das Problem ist: Die Kunden müssen sich ihre Ware dort abholen. Zumindest war das bislang die Regel. Und man kann es drehen und wen-den, wie man will: Nicht jeder hat dazu immer Zeit und Lust – die Online-Versandhändler sind in den vergangenen 25 Jahren zu einer immer grö-ßeren Konkurrenz für die Innenstadt-Kaufleute geworden.
Kruse und sein Geschäftspartner Roland Rose wollen nun den Lloydhof zur Laderampe für das „Riesenwarenlager Innenstadt“ machen: Auf 2000 Quadratmetern sollen dort Waren zusammengestellt und versandt wer-den: die Blumen vom Floristen, die Bücher aus der Buchhandlung, die Medizin aus der Apotheke, die Brötchen vom Bäcker, die Bügelwäsche aus der Reinigung. ,,Man muss ja nicht alles aus China einfliegen, wenn wir das auch hier bei uns haben“, sagt Kruse. Der Gründer und Chef des Be-ratungsunternehmens Orbitak ist nach eigenen Angaben Bremer aus Überzeugung, hat an der Uni Elektrotechnik und Wirtschaft studiert und seinen Doktor am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Ange-wandte Materialforschung gemacht. 2017 gründete er den Lastenfahrrad-Hersteller Rytle (ausgesprochen: ,,Reitel“) in der Überseestadt.
Und dessen zwei- und dreirädrige Modelle, die bis zu 370 Kilogramm transportieren können, sollen auch die Hauptlast des innerstädtischen Lieferverkehrs aus dem neuen Logistikzentrum tragen, dem Kruse den Namen Rytle X gegeben hat. ,,Nachhaltig, elektrisch und vorzugsweise geräuschlos“ – so soll die moderne, urbane Logistik ablaufen. ,,Ganz ohne Lkw werden wir natürlich nicht auskommen“, räumt Kruse ein.
„Wenn jemand ein Flipchart oder Whiteboard bestellt, wird es mit dem Fahrrad schwierig. Aber 80 Prozent der Waren können wir damit trans-portieren.“ Hauptpartner auf der Langstrecke in die Stadt ist der Paket-dienst GLS, die Kurzstrecke übernimmt der Logistikdienstleister Citipost, der ein Schwesterunternehmen der Bremer Tageszeitungen AG ist.
Bleibt das Platzproblem: Regale bis unter die Hallendecke, lange Fließ-bänder und Gabelstapler – dafür ist im Lloydhof kein Platz. Deshalb hat sich Kruse mit dem Fördertechnikhersteller Cellumation zusammenge-tan – noch so eine Bremer Verbindung, man kennt sich aus dem Studium. „Große Sortieranlagen kann jeder bauen“, erklärt Firmenchef Hendrik Thamer in einem Werbeclip. ,,Wir können mit unseren Zellen wie Lego-steine in jede städtische Immobilie integriert werden und aus kleinen Flächen hocheffiziente Sortierlösungen erzeugen.“ Soll heißen: Pakete zu drehen, nach links und rechts zu schieben und neu zu verteilen – das al-les funktioniert nach eigener Darstellung auf engstem Raum mithilfe computergesteuerter Rollen. ,,So brauchen wir wenig Platz für eine ex-trem schnelle Sortierung“, fasst Rytle-X-Gründer Kruse zusammen.

 

Bis zu 30 Beschäftigte sollen in dem innenstadtgerecht zusammenge-schrumpften Logistikzentrum einmal arbeiten. Und für Kruse ist das nur der Anfang: Mehr Verteilzentren in Bremen und anderen europäischen Großstädten schweben ihm vor, wenn das Konzept funktioniert. Die ers-ten Gäste auf der Baustelle im Lloydhof waren am Dienstag die Mitglieder des Unternehmensnetzwerks I2B, was so viel bedeutet wie „Von der Idee zum Geschäft“. Mehr als eine fixe Idee ist die Laderampe in der City schon einmal – ob das Geschäft läuft, muss sich noch zeigen.